Samstag, 12. Juli 2014

Call for Papers 2014: Spielerische Reflexion - Narrative Simulation

Glaubt man Ansätzen der Kommunikations- und Wissenssoziologie, dann leben wir, jetzt oder mindestens sehr bald, in der „nächsten Gesellschaft“ (Baecker 2007). Diese Gesellschaft wird auch als Wissensgesellschaft bezeichnet (Willke 2002, 18f.), aber nicht, weil es etwa ein Zu-Viel an Wissen gäbe, sondern weil das, was in dieser Gesellschaft Wissen ist, gänzlich unsicher ist. Althergebrachte Strategien, Identität zu gewinnen haben ihre Wirkung verloren, sodass Differenz zunächst die einzige sichere Identität ist (Baecker 2007, 167). Dadurch entsteht Unsicherheit, sowohl über den eigenen Standort in der Welt als auch über die Beurteilung gegebener Wissensbestände. Erst die Geschichte der individuellen Reflexion (vgl. Baecker 2013, 164) bietet Möglichkeiten, mit der Unsicherheit umzugehen.

Computerspiele suspendieren die unsichere Alltagswelt für eine gewisse Weile. Klar definierte Spielregeln bieten Sicherheit und erlauben geschütztes und geordnetes Handeln, denn gegenüber den Regeln eines Spiels ist gar kein Skeptizismus möglich (vgl. Huizinga 2009). Indem Spiele diese Sicherheit bieten, schaffen sie auch einen Raum, in dem Reflexion stattfinden kann. Spielmechanik und Narration können dann zum Durchspielen alternativer, sowohl individuell-lebenspraktischer als auch gesellschaftlicher und historischer Möglichkeiten einladen. Dies gilt nicht etwa nur für didaktisch konzipierte Lernspiele, sondern auch für verbreitete kommerziell erfolgreiche Computerspiele oder Independent Games.

Auf der Tagung sollen vor diesem Hintergrund Möglichkeiten diskutiert werden, die Potenziale von Computerspielen zur Reflexion und Simulation aufzuzeigen und zu nutzen. Eingeladen sind dazu kreative wissenschaftliche Ansätze zu folgenden drei Schwerpunkten:

  1. Das spielerische Element der Reflexion: Wie unterstützen Spielmechaniken Reflexion?
  2. Die Narration der Simulation: Reichhaltigere Simulation durch Geschichten?
  3. Lernen und Reflexion, Lernen und Simulation: Potenziale von Computerspielen für universitäre Lehre und Schulunterricht

Zu den Schwerpunkten sind theoretische und praktische geistes- und sozialwissenschaftliche Beiträge erwünscht. Die Tagung ist zudem offen für andere Fachrichtungen.

Baecker, Dirk (2007): Studien zur nächsten Gesellschaft. Frankfurt (Main): Suhrkamp.
Baecker, Dirk (2013): Beobachter unter sich. Frankfurt (Main): Suhrkamp.
Huizinga, Johan (2009): Homo Ludens. Vom Ursprung der Kultur im Spiel. Reinbek b. Hamburg: Rowohlt.
Willke, Helmut (2002): Dystopia. Studien zur Krisis des Wissens in der moderenen Gesellschaft. Frankfurt (Main): Suhrkamp.

Termine

Einreichung von einseitigen Abstracts und kurzem Lebenslauf bis 31.08.2014 per E-Mail an mario.donick (at) uni-rostock.de und christian.klager (at) uni-rostock.de. Rückmeldung über Annahme der Beiträge bis 15.09.2014; Tagung am 29.-30.11.2014.

Die Teilnahme ist kostenfrei.

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